Interview mit Angelo Petillo
Unser SKR-Reiseleiter Angelo Petillo erzählt uns in einem Interview von seiner Heimat, dem Cilento in Italien:
Du bist in Deutschland aufgewachsen, aber trotzdem wieder zurück in deine italienische Heimat, den Cilento gezogen. Was hat dich dazu bewegt?
Da war damals sicherlich eine Portion Idealismus mit dabei. Ich wollte meinen Erfahrungsschatz aus meinem bisherigen Leben zwischen Deutschland, der Schweiz und England mit in die Heimat meiner Eltern nehmen und hier positiv umsetzen. Der Cilento ist eine so wundervolle und zugleich selbst mir noch nicht ganz bekannte Gegend, welche ich mit meinen begrenzten Mitteln etwas aus ihrem Dornröschenschlaf wecken wollte. Natürlich war auch die Suche nach den eigenen Wurzeln mit ein wichtiger Grund für meine damalige Entscheidung.
Heute besitze ich einen vorteilhaften Blickwinkel eines in zwei Kulturen aufgewachsenen Menschen. Hiervon profitieren nicht zuletzt meine SKR-Gäste, da ich in der Lage bin, den Cilento mit ihren Augen zu sehen und ihnen zugleich den Blickwinkel des Einheimischen darstellen kann, da ich beide Sichtweisen kenne und verstehe.
Sandstrände, einsame Buchten, vielfältige Flora und Fauna sowie mittelalterliche Dörfchen – der Cilento hat viel zu bieten. Was ist dein ganz persönlicher Lieblingsort?
Es gibt hier, vor allem im Landesinneren, so viele wundervoll gelegene, kleine Dörfer zu sehen, welche immer einen Besuch wert sind. Manchmal fahre ich sonntags mit meiner Familie einige Orte besuchen, die ich selbst noch nicht kenne, über die ich aber etwas Interessantes gelesen oder gehört habe. Wir sind noch nie enttäuscht worden. Schon die Fahrt durch die abwechslungsreiche Berglandschaft ist toll und jeder Ort absolut sehenswert. Es ist jedes Mal ein kleines Abenteuer! Natürlich entdecken wir dabei immer wieder kleine Trattorien und Restaurants mit wirklich guter lokaler Küche zu ganz fairen Preisen.
Aber mein ganz persönlicher Lieblingsort ist Paestum. Jedes Mal, wenn ich vor den majestätischen, griechischen Tempeln stehe, so wie sie in die sie umgebende Natur eingebettet sind, bin ich aufs Neue fasziniert von so viel großartiger Harmonie und Ausstrahlung. Für diesen Anblick lohnt es sich, um die Welt zu fliegen!
Du kennst den Cilento wie deine eigene Westentasche. Wenn ich dich einen Tag besuche, was unternehmen wir?
Im Sommer fahren wir in den Süden zum Meeresschutzgebiet der Costa degli Infreschi und unternehmen eine unvergessliche Bootsfahrt entlang der steilen Kalksteinfelswände und lassen uns in einer traumhaften kleinen Bucht absetzen. Dort könnten wir baden.
Wenn du deine Wanderstiefel mitnimmst, könnten wir eine Bergwanderung durch Wälder und Mittelmeer-Macchia mit toller Rundumsicht machen. Oder wir wandern entlang der Küste durch die duftende Vegetation und genießen den Blick auf das offene Meer mit Capri am Horizont. Wir könnten auch einen Abstecher ins Landesinnere machen und die Kartause des Heiligen Laurentius in Padula mit einem der weltweit größten Kreuzgänge besuchen. Weißt du, sie liegt so schön zu Füßen der Ortschaft Padula in einem idyllisch weiten Tal, dass hier die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Und wenn dir nach ganz leckeren und vor allem typischen Spezialitäten der Gegend ist, legen wir einen Schlemmertag ein.
Richtig! Im Cilento kann man auch ganz hervorragend speisen! Was sollte man bei einem Besuch deiner Meinung nach unbedingt probieren?
Das kannst du laut sagen, das fantastische Essen hier lässt mich jeden Kummer vergessen!
Früher versuchten die Restaurateure die bekannten Gerichte der italienischen oder sogar internationalen Küche anzubieten, doch wer hierher kam, fragte nach den ganz schlichten Tellern des Cilento. Mittlerweile kannst du hier überall die ganz einfachen Gerichte aus der lokalen Tradition bekommen. Die gewöhnlichste Bohnen- oder Kichererbsensuppe mit hausgemachten Bandnudeln gewinnt durch die frischen, lokalen Zutaten und einfachste Zubereitung einen unglaublichen Geschmack. Zu Tisch ist ein Italiener wohl einer der am schwierigsten zufrieden zu stellenden Gäste, das haben mich meine Reisen gelehrt. Aber viele meiner Landsleute kommen aus ganz Italien gerade wegen des Essens ins Cilento. Mittlerweile gilt das einfache und mit hochqualitativen Zutaten zubereitete Essen als besonders schmackhaft.
Wusstest du, dass der Amerikaner Ancel Keys, der hier im Cilento die Mediterrane Diät wissenschaftlich erforschte und zum ersten Mal benannte, gerade das einfache Bauernessen als eine der Grundlagen für die Langlebigkeit der Menschen hier verantwortlich machte? Und wenn gesundes Essen dann auch noch richtig schmackhaft ist, kann man sich mit gutem Gewissen dem Genuss hingeben.
Unbedingt sollte man „acqua e sale“ probieren, da ist in Wasser eingeweichtes trockenes Brot mit frischen, reifen Tomaten, Oregano und Olivenöl. Ebenso sind die getrockneten „Weißen Feigen“ des Cilento etwas ganz Besonderes. Sie werden frisch vom Baum geerntet, von Hand geschält und anschließend in der Sonne getrocknet. Nachdem sie dann mit Walnuss, wildem Fenchel und etwas Orangenschale gefüllt wurden, werden sie durchs Backen auf natürliche Weise sterilisiert. Eine echte Gaumenfreude!
Selbstverständlich kommen auch Weinliebhaber auf ihren Geschmack. Unter den mittlerweile sehr guten D.O.P.-Weinen aus dem Cilento ist für jeden verwöhnten Gaumen sicherlich ein passender Tropfen dabei.
Was war für dich das schönste Erlebnis bei der Begleitung einer SKR-Gruppe?
Da gibt es mehrere. Viele Teilnehmer kommen in den Cilento, ohne wirklich Ahnung von der Gegend zu haben.
Wenn ich morgens mit unseren Gästen zu einer neuen Tour aufbreche, wissen die meisten nicht, was Sie erwartet. Dann merke ich im Verlauf des Tages, wie wohl sie sich fühlen und wie dankbar sie für diese Erlebnisse sind. Es ist immer wieder die auf den Gesichtern abzulesende tiefe Dankbarkeit, die mich besonders freut.
Beim Ausflug in das Dianotal kamen wir in eine sonst geschlossene Kirche von Teggiano, da dort an diesem Tag die Heilige Kommunion zelebriert wurde. Unseren Teilnehmern blieb beim Anblick der herrlichen Dekoration vor lauter Staunen die Sprache weg. Ein anderes Mal, als wir durch die Gassen von Pollica schlenderten, wurden wir von einer älteren Dame in ihren herrschaftlichen Palazzo eingeladen, wo sie uns sehr schöne alte Räume aus den 30ern zeigte und zum Kaffee einlud.
Ebenso schön war ein Erlebnis in Marina di Camerota, wo wir zum Mittagessen einkehrten. Die selbst gemachten Ravioli und der ebenfalls selbst gemachte Wein waren so ausgezeichnet, dass wir alle – ich eingeschlossen – einfach nur glücklich waren. Bevor wir gingen, sollten wir dann noch unbedingt von dem Ricotta-Birnenkuchen probieren. Ein Genuss!
Unsere Gäste freuen sich bei jeder Tour auf das von mir vorgeschlagene Mittagessen.
Für mich ist es immer wieder ein besonderes Erlebnis, wenn ich ihnen etwas ganz Besonderes wie die Tempel von Paestum oder das berühmte griechische Tauchergrab im Museum erläutern darf und ich in ihren Augen die tiefe Bewunderung ablese. Es gibt fast täglich schöne Erlebnisse mit den SKR-Gruppen.