Ich kann mich meinen Vorschreibern hier nur anschließen: Die Reise ist eine einzige Bereicherung – ausgewogen komponiert und perfekt organisiert. Dass wir überall pünktlich ankamen und niemals warten mussten, verdanken wir dem höflichen und freundlichen Fahrer Sergei, der einen angenehmen Fahrstil und Sinn für Situationskomik hat.
Vor allem aber wird mir unser kompetenter, belesener und nicht zuletzt so liebenswürdiger Reiseleiter Wassili in Erinnerung bleiben. Er versteht es, einem die jeweiligen Orte durch eine Mischung aus Fakten, historischer Einordnung, Erklärung, Stille und Denkanstoß nahezubringen. Darüber hinaus beantwortet er alle einschlägigen Fragen mit einer Ehrlichkeit, mit der ich nicht gerechnet hätte: Homosexualität? Gesetzlich nicht verboten, aber gesellschaftlich geächtet. Gender pay gap? Gleiche Jobs werden gleich bezahlt, aber Frauen landen eben nicht in allen Jobs. Alkoholismus? Ja, ein Problem. Und Lukashenko? Wer sich nicht in die Politik einmischt, kann hier ein gutes Leben führen.
Dieser Satz veränderte im Laufe der Reise seinen Klang. Am Anfang hat er mich empört, in meinem demokratischen Selbstverständnis verletzt. Je mehr ich jedoch sah, hörte und erlebte, desto mehr begriff ich: Dieses von Kriegen, Zerstörung und Barbarei gebeutelte Land an der Schnittstelle von Ost und West, mit all seinen Grenzen, Namen und Zugehörigkeiten, es hat ein Volk emporgebracht, das seinen Herrschern in erster Linie mit Pragmatismus begegnet. Danke für diese Einsicht.